Der schreibende Bibliothekar und seine Helden oder: ein homophobes Jahrhundert und die Universalität eines Gefühls

von Markus Jäger //

Das Schönste an der Arbeit als Bibliothekar ist die Leidenschaft für Vielfalt. Eine öffentliche Bibliothek ist immer auch ein Spiegel für eine Stadt und nur eine bunte Stadt ist eine schöne Stadt. Zum Glück darf ich mich in unserer Bibliothek unter anderem auch um unseren Medienbestand zum Thema Homosexualität kümmern – darunter Kinderbücher, Sachbücher, DVDs, Romane, Klassiker der Weltliteratur wie auch neue Bücher.
Bei der Recherche für den LGBT-Bestand unserer Bibliothek sind meine damalige Chefin und ich eines Tages über einen Artikel über ein Männerpaar gestolpert, bei dem unsere Aufmerksamkeit hängen blieb. Die beiden Herren waren über ein halbes Jahrhundert zusammen, als sie vor einigen Jahren endlich heiraten durften. Sie waren 89 und 92 Jahre jung, als sie auch offiziell zueinanderstehen durften.
Als wir diesen Artikel lasen, brachen wir beide in gleichermaßen verzückt schmachtende Begeisterung über eine derart kraftvolle Liebesgeschichte aus. Ich verschickte den Artikel an etliche Freundinnen und Freunde und las ihn vielen unterschiedlichen Menschen vor. Alle wurden in ihren Reaktionen von ähnlicher Hingabe gepackt. Da habe ich mich gefragt: Wie lässt sich eine solche Universalität am besten in einen Roman fassen?

So begann die Geschichte meiner „Helden für immer“.

Meine beiden Helden begleite ich durch ihr Leben zu zweit. Dieses Leben beginnt mit ihrer ersten Begegnung als junge Männer am Wiener Heldenplatz im Jahr 1936 und ist geprägt von einem Jahrhundert, das eine solche Liebe nicht will. Aber die Liebe ist vor allem deshalb das schönste Sujet in der Literatur, weil sie sich von reaktionären Kleinigkeiten wie einem homophoben Jahrhundert nicht aufhalten lässt.

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Auf diese Weise werden die Aufregungen und Wendepunkte im Leben von Felix und Kilian, ihre einschneidenden Lebenserfahrungen und ihre gemeinsamen Alltäglichkeiten, ihre Fluchten und Erfolge sowie ihre Niederlagen und Siege auch zu einem Ausdruck des Freiheitskampfes, der im Jahr 2018 noch lange nicht vorbei ist. Zumal unsere hart erkämpfte Freiheit besonders in der düsteren politischen Gegenwart von vielen Seiten bedroht wird.

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AutorenfotoMarkus Jäger, 1976 geborener Tiroler. Lebt und arbeitet als Schriftsteller, Kritiker, Blogger und Bibliothekar in Innsbruck. 2009 Promotion in Amerikanischer Literatur- und Kulturwissenschaft. Zahlreiche Texte in Zeitschriften und Anthologien. Nominierung Peter-Huchel-Preis 2014. Helden für immer ist sein erster Roman im Querverlag und erschien September 2018.

Autorenfoto: © Andy Stone Photo

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