(K)ein Sommerbuch

Vier Fragen an Marcello Liscia, der kürzlich mit „Ein verregneter Sommer“ seinen Debütroman im Querverlag veröffentlicht hat.

Lieber Marcello, warum schreibst Du?

Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für Sprache. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass ich zweisprachig aufgewachsen bin. Es fasziniert mich, mit Sprache Welten zu erschaffen. Ich liebe Geschichten. Und was liegt da näher, als sie aufzuschreiben. Auch wenn ich erst mit 51 mein erstes Buch veröffentlich habe, so habe ich doch schon viel früher damit begonnen, Geschichten zu schreiben und mich auch in Lyrik versucht. Ich verspüre einfach das Bedürfnis zu schreiben. Und wenn ich schreibe, dann habe ich die Möglichkeit umzuformulieren, zu korrigieren und zu feilen, um den möglichst perfekten Satz zu schaffen und genau die Geschichte zu erzählen, die ich erzählen möchte.

Protagonist Deines Romans ist der 16-jährige Luca, der aus seinem norditalienischen Heimatdorf nach Paderborn geschickt wird, um dort in einer Gelateria als Saisonkraft zu arbeiten. Von diesen äußeren Umständen mal abgesehen: Was macht Luca so besonders?

Vielleicht ist er gar nicht besonders, da ich mir sicher bin, dass viele Leser und auch Leserinnen sich in ihm wiederfinden können. Er ist ein Jugendlicher, der sein Schwulsein an sich erst nicht akzeptieren kann und dann doch den Weg zu sich findet. Ich denke und ich weiß, dass das vielen so erging und auch immer noch so ergeht.
Was Luca perfektioniert hat, ist, nach außen hin eine überzeugende Rolle zu spielen. Er nennt das selbst den Außen-Luca. Der Innen-Luca ist sein wahres Ich, auch wenn das im Verlaufe der Geschichte erst noch zu dem wird, was seine Persönlichkeit ausmacht. Ihm ist unheimlich wichtig, was andere von ihm halten und er möchte um jeden Preis vermeiden, negativ aufzufallen. Das hat selbstverständlich zur Folge, dass er voller Komplexe und Selbstzweifel ist und niemandem die Chance gibt, ihn wirklich kennenzulernen. Bis er dann Hans über den Weg läuft.

Was verbindet dich mit Luca?

Die Selbstzweifel, die Unsicherheit, der Drang nach Perfektion, um mich vor Kritik zu schützen. Die vielen Gedanken, die Luca sich macht und – auch wenn ich das schon lange von mir abschütteln konnte, ich bin ja nun auch schon um einiges älter als Luca – die Schwermut in dieser Zeit des Haderns mit sich selbst. 

Dein Roman heißt „Ein verregneter Sommer“. Ist er denn ein Sommerbuch?

Ja und nein. Der Sommer bietet der Geschichte lediglich einen Rahmen. Und dann ist es ja auch noch ein untypischer, nämlich verregneter Sommer. Wäre der Sommer ein guter – und gerade für die Eisleute ein guter Sommer – gewesen, dann hätte sich die Geschichte zwischen Luca und Hans sicherlich nicht so entwickelt, wie es im Roman der Fall ist. Darüber hinaus dauert die Eissaison von März bis Oktober, was auch im Buch beschrieben wird, und umfasst somit auch das Frühjahr und ein wenig den Herbst. Ich denke, dass „Ein verregneter Sommer“ den Erwartungen, die der Begriff Sommerbuch weckt, nicht gerecht wird. Daher ist es eher kein Sommerbuch – zumindest nicht für mich.

Marcello Liscia wurde 1971 in Paderborn geboren. Seit jeher war Sprache sein Medium, dem er nicht zuletzt während seines Studiums der englischen und französischen Sprach- und Literaturwissenschaften Raum geben konnte. Seit mehr als 20 Jahren ist er als Berater, Trainer und Coach für Führungskräfte in ganz Europa tätig. Heute lebt Marcello im westfälischen Salzkotten nahe Paderborn und kümmert sich gemeinsam mit seinem Mann Jan um rund 20 Bienenvölker, wenn er nicht gerade an einem neuen Buch schreibt. 2022 erschien sein erster Roman Ein verregneter Sommer im Querverlag.

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